Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 08.01.2014 (Az.: I ZR 169/12 „Bearshare“) die Rechte der Internet-Anschlussinhaber gestärkt. Neuerlich musste die fragwürdige Rechtsprechung der Amtsgerichts- und Landgerichtsrichter aus Köln aufgehoben werden, welche in der I. und in der Berufungsinstanz zu Lasten des Anschlussinhabers entschieden hatten.
Der Bundesgerichtshof verfolgt seine Rechtsprechung zudem immer noch aktuellen Thema konsequent weiter. Nach den Entscheidungen „Sommer unseres Lebens“ (NJW 2010, 2061) und „Morpheus“ (NJW 2013, 1441) hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt, dass der Inhaber eines Internet-Anschlusses grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung haftet, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
In dem Fall einer Rechtsverletzung trägt der Anschlussinhaber zuerst eine sekundäre Darlegungslast, welcher er aber bereits dadurch entspricht, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggfls. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.
In dem entschiedenen Fall hat der Anschlussinhaber seiner geforderten sekundären Darlegungslast dadurch entsprochen, dass er vorgetragen hat, dass der in seinem Haushalt lebende 20-jährige Sohn seiner Ehefrau (sein Stiefsohn) die streitgegenständlichen Dateien von dem in dessen Zimmer stehenden Computer zum Herunterladen bereitgehalten hatte.
Diese Erklärung hat der Bundesgerichtshof für ausreichend erachtet, dass damit der Anschlussinhaber nicht mehr als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden konnte, da er nicht mehr willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen hat. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter, noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung selbst in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten voraus. Dem Anschlussnehmer war es nicht zuzumuten, seinen volljährigen Stiefsohn ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Da er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er daher nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, obwohl er ihn nicht oder nicht hinreichend belehrt hatte.
Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass zum einen die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und zum anderen Volljährige für ihre Handlung selbst verantwortlich sind. Im Hinblick auf grundsätzlich geschützte
(vgl. Art. 6 Abs. 1 GG) besondere Vertrauensverhältnisse zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder bewachen zu müssen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weiter entwickelt. Auffallend ist, dass in dem Urteil ausdrücklich differenziert wird, dass volljährige Familienangehörige nicht überwacht werden müssen. Ob eine Überwachungs- oder Aufklärungspflicht gegenüber Freunden oder WG-Mitbewohnern besteht, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen.